Im
falschen Paradies
Yosef
Simsek
Eine bewegende Biografie über ein Leben in zwei Kulturen
Gelesen: März 2016
Allgemeines
Verlag: Riverfield
Erscheinungsdatum: 27.02.2016
Formate: E-Book / Gebunden
Sprache: Deutsch
ISBN: 978-3952452363
Seiten: 336
Preis: 24,90 €
Foto Riverfield Verlag |
Klappentext:Yosef Şimşek ist in Norddeutschland als Sohn arabisch-türkischstämmiger Eltern geboren. Je älter der sensible Junge wird, desto mehr gerät er in einem inneren Konflikt zwischen der archaisch-strenggläubigen Erziehung seines Vaters sowie der offenen westlichen und humanitären Grundsätzen verpflichteten Kultur seines deutschen Umfelds.
Um dem drakonischen Gebaren seines Vater ein Ende zu setzen, greift Yosef als 14-Jähriger in seiner Verzweiflung zum vermeintlich letzten Mittel und erstattet bei der Polizei Anzeige gegen seinen Vater. Die Folgen sind fatal, denn damit kommen die falschen Angaben seines Vaters beim Asylverfahren ans Tageslicht: als Konsequenz wird die Familie in einer Nacht- und Nebelaktion in die Türkei abgeschoben.
Ein Leben in zwei Kulturen
Eine Rezension zu einem Buch
zu schreiben, was als persönlicher Erfahrungsbericht erschienen ist, ist nicht
nur schwierig, sondern sollte mit großer Vorsicht geschehen. Es handelt sich
bei IM FALSCHEN PARADIES um keinen Roman aus der Feder eines Fantasyautoren,
den man vielleicht für gewisse Längen oder schwach gezeichnete Protagonisten
kritisieren kann. In diesem Buch geht es um die Realität, es geht um
Aktualität, obwohl es ein Bericht aus der Vergangenheit ist. Es geht um Leben
und es geht um Tod, um Kulturen und ein Land, was als fortschrittlich,
gründlich und reich gilt. Es geht um Deutschland, aber es geht auch um die
Türkei. Denn dort stammt die Familie von Autor und Hauptprotagonist Yosef
Simsek her.
Yosef wurde in
Norddeutschland geboren. Ist er deswegen Deutscher? Nach unserem Recht nicht.
Denn wir erwerben unsere Staatsangehörigkeit nicht durch Geburt, sondern durch
unsere Eltern. Das nennt sich dann Abstammungsprinzip. Aber natürlich hat er
nicht nur auf Grund eines Prinzips einen schwierigen Start in sein Leben. Der
junge Simsek hat gegen allerlei Widerstände zu kämpfen. Gegen staatsrechtliche
und gegen familiäre.
Als kleiner Junge hat er ein
Lieblingskuscheltier, seinen Hasen, der übrigens namenlos ist. Nahezu jeden Tag
hat er Druck von Vater und Bruder, weil er sich nicht männlich genug benimmt.
Als „Schwuchtel“ und „Weichei“ muss er sich nicht nur beschimpfen lassen,
sondern darf auch die Faust des Vaters spüren.
Mit dieser Art von Erziehung
und elterlichen Umgang kommt der 14 Jährige Yosef Simsek nicht zu recht. Er
kapselt sich ab, wird zum Außenseiter und nimmt kaum an seiner Umwelt teil. Ein
Teufelskreis, der nicht zu durchbrechen scheint. Eines Tages sieht der Junge
keinen Ausweg für sich und seine Familie, als den Vater anzuzeigen, der Polizei
zu melden, was er zu erleiden hat. Die Folgen dieser Strafanzeige sind fatal.
Abschiebung. Die Familie wird direkt in die Türkei abgeschoben und muss dort
ein Leben völlig neu organisieren. Ein Leben, was Yosef aus Deutschland bis dato nicht kannte.
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Dass die Zeit nach diesem
einscheidenden Erlebnis einfach wäre, wäre glatt gelogen. Aber Yosef Simsek
lässt sich nicht unterkriegen. Er kämpft, hat Träume, Vorstellungen und
Wünsche. Und er ist fest entschlossen, sein Leben in die Hand zu nehmen und zu
einem Leben zu machen, auf das er stolz sein kann.
In diesem Buch bekommt man
hautnah und schonungslos gezeigt, wie schwer es ist, in zwei Kulturkreisen
aufzuwachsen, wie groß die Hürden sind, die Kinder von Flüchtlingsfamilien zu
nehmen haben. Unabhängig, warum Familien flüchten. Ob nun aus Kriegsregionen
oder aus Armutsregionen. Simsek stellt schon gleich zu Anfang klar, dass er
nicht beschönigen möchte, dass es Menschen gibt, die unser System nutzen, um
für sich Vorteile darauszuziehen und diese gnadenlos für sich auszunutzen. Er
stellt aber auch klar, dass man jede Geschichte als eine eigene betrachten muss
und nicht alle Menschen in einen Topf werfen kann. Der Autor geht auf die
Integration ebenso schonungslos ein, wie auf die Möglichkeit, ein Leben in zwei
Kulturkreisen zu führen. Jedoch analysiert er gnadenlos ehrlich auch seine
momentane Sicht auf Europa.
„Ich bin in Deutschland geboren und aufgewachsen und ich habe Deutschland geliebt – Deutschland war meine Heimat. Ob ich augenblicklich und im Rückblick Deutschland und die anderen Länder Europas jedoch als Paradies bezeichnen würde, weiß ich offen gestanden nicht – oder nicht mehr.“
Zitat aus dem Vorwort des Buches "Im falschen Paradies"
Kann man eine Biografie
spannend finden?
Ich finde … man kann. Und
gerade diese Biografie finde ich, auf Grund unserer Flüchtlingskriese irre
spannend. Man bekommt durch sie einen Einblick in die Gedanken und Gefühle
eines Menschen, der zwei Kulturen kennt, erlebt hat und sich seinen Weg im
Leben bahnen musste.
Ob er sich diesen Weg geebnet
hat, was er auf eben diesem für Widerstände aus dem Weg räumen musste, welche
Rolle seine Mutter in seinem Leben spielte und wie es seinem Kuschelhasen heute
geht, all das und noch viel mehr erfahrt ihr, wenn ihr dieses Buch nicht nur
kauft, sondern lest.
Raphael Geiger vom STERN
sagte hierzu „Die Geschichte ist äußerst bewegend und sie ist enorm erhellend –
gerade aktuell. Jeder sollte sie lesen.“
Ich kann mich Herrn Geiger
hier nur voll und ganz anschließen. Diese Biografie ist bewegend, sie ist
rührend, erschreckend und gnadenlos ehrlich. Und sie zeigt uns, dass die Würde des Menschen unantastbar ist. So, wie es auch unser Grundgesetz schon in Artikel 1 festlegt!
Lieber Herr Pecorelli,
Sie haben mir dieses E-Book freundlicherweise zur Verfügung gestellt. Als Ihre Mail ankam, war mir klar, dass es interessant sein könnte. Im Nachhinein bin ich mir sicher, dass dieses Buch für mich noch lange im Gedächtnis bleiben wird. Ich wünsche Ihnen und natürlich Herrn Simsek viel Erfolg und alles Gute.
Herzlichen Dank!
Martin Hanns
Infos & Links:
Das klingt wirklich nach einer ergreifenden und bewegenden Geschichte. Danke für den Tipp!
AntwortenLöschenViele Grüße
Lizi
http://books-of-the-day.blogspot.com/
Hi Lizi :)
Löschendas ist es auf jeden Fall. Da solltest du mal reinschauen, wenn du gern solche Dinge liest.
Liebe Grüße
Martin
Das ist ein toller Tipp. Das Buch werde ich mir auf jeden Fall besorgen. Du hast im allgemeinen sehr interessante Bücher auf deinem Blog. Mach weiter so. Ich folge dir jetzt :D
AntwortenLöschenBeste Grüße
Anja
Hi Anja :)
Löschendanke. Danke für das Kompliment. Freut mich, dass du Leserin geworden bist. Du bist gern jederzeit hier willkommen.
Das Buch war wirklich interessant. Und der Mensch, der dahinter steckt, war (bzw. ist) es auch. Falls du Fragen zu seinem Buch hast, kannst du ihn bei Facebook anschreiben. Er ist da sehr aktiv und immer bemüht, Kontakt zu seinen Lesern zu halten. Das finde ich bei Autoren immer wieder eine tolle Eigenschaft. Seine Seite habe ich oben übrigens verlinkt.
Liebe Grüße
Martin