Was
wir dachten, Was wir taten
Lea-Lina
Oppermann
Ein Debüt-Roman über das Leben, auch wenn es manchmal
Keines ist
Gelesen: August 2017
Allgemeines
Verlag: Beltz & Gelberg
Erscheinungsdatum: 10.07.2017
Format: Klappenbroschur
Sprache: Deutsch
ISBN: 978-3-407-02567-8
Seiten: 180
Preis: 12,95 € (in
Deutschland)
Erhalten: Lese-Exemplar
Cover & Klappentext Beltz & Gelberg |
Klappentext:
Amokalarm. Eine maskierte
Person dringt ins Klassenzimmer ein und diktiert mit geladener Pistole
Aufgaben, die erbarmungslos die Geheimnisse aller an die Oberfläche zerren.
Arroganz, Diebstähle, Mitläufertum, Lügen – hinter sorgsam gepflegten Fassaden
tun sich persönliche Abgründe auf. Fiona ringt fassungslos mit ihrer
Handlungsunfähigkeit, Mark verspürt Genugtuung und Herr Filler schwankt
zwischen Aggression und Passivität. Als sie den Angreifer enttarnen, sind die
Grenzen der Normalität so weit überschritten, dass es für niemanden mehr ein
Zurück gibt.
Nach dem Lesen ist vor dem Lesen? Nicht bei diesem
Roman!!!
Bevor ich euch meine Meinung
zu diesem Buch mitteile, möchte ich euch die Autorin etwas genauer vorstellen,
damit ihr ein Gefühl dafür bekommt, wer dieses Buch geschrieben hat. Wenn man
weiß, dass Lea-Lina Oppermann, die eigentlich einfach nur Lina genannt wird,
erst 19 Jahre alt ist, dann muss man die Geschichte, die Kritik an der
Gesellschaft und das, was der Roman aussagen soll, noch beeindruckender finden,
als ohnehin schon. Jedoch haben weder Lina, noch die Geschichte es nötig,
dadurch Pluspunkte zu sammeln.
Lea-Lina Oppermann liest uns die ersten Seiten aus ihrem Debüt-Roman vor |
Am 15.07.2017 durften wir
(die Teilnehmer vom Stuttgarter Bücher- und Blubberstammtisch) Lea-Lina
Oppermann in einer sehr persönlichen Runde kennenlernen, mit ihr ins Gespräch
kommen und alles fragen, was uns interessierte. So fanden wir heraus, dass es auch
an ihrer früheren Schule einen Amokalarm gegeben hat. Glücklicherweise ein
Fehlalarm. Sie erzählte uns von einer Brieffreundschaft mit ihrem
Lieblingsautor und auch einiges darüber, wie sie zu ihrem jetzigen Verlag
gekommen ist. Falls ihr nicht dabei ward, könnt ihr gern einen Blick in das
folgende Video werfen. Ausschnitte von
dieser Lesung habe ich dort zusammengeschnitten. Außerdem gibt es ein
ausführliches Interview, was ich mit Lina nach der Veranstaltung geführt habe.
Es war wahnsinnig angenehm, mit ihr über den Dächern von Stuttgart über ihr
Buch, ihre Pläne für die Zukunft und ihr Leben als Autorin zu sprechen. Schaut
gern mal rein und lasst mir eure Meinung da.
Ich habe dieses Buch erst im
August begonnen, weil ich es nicht Stück für Stück lesen wollte, sondern an
einem Stück. Das ist mir auch fast gelungen. Es fällt schon nach wenigen Seiten
dem Leser wahnsinnig schwer, das dünne Büchlein aus der Hand zu legen. Dabei
war es eine andere Spannung, als die, die sonst in vielen Geschichten zu erleben
ist. Der Schreibstil war toll, keine Frage. Die Spannung, die sich aufbaute,
baute sich aber aus einer Neugierde auf, die Lea-Lina Oppermann mit ihrem Debüt
sehr schnell und eindrücklich erzeugte. Da war auf der einen Seite der
verständliche und sehr ehrliche Schreibstil, auf der anderen Seite aber auch
ein Thema, was Niemanden kalt lassen kann, was man ergründen möchte, was den
Leser interessiert und bei dem man sich sicher sein kann, dass man nach dem
Lesen anders denkt, als vor dem Lesen. WAS WIR DACHTEN, WAS WIR TATEN wird der
Leser nicht zurück ins Regal stellen, ohne sich zu fragen, was er getan hätte,
ohne zu hinterfragen, wie er reagiert hätte.
Wir lernen hier in erster
Linie drei Personen kennen, die uns diese Geschichte erzählen. Eine Geschichte,
deren Laufzeit 143 Minuten beträgt und die in einem Klassenzimmer spielt. Einem
geschlossenen Raum, der verriegelt wurde und aus dem kein Schüler entkommen
konnte.
Mark Winter & Fiona Nikolaus sind Schüler in der Klasse, die durch diesen Vorfall
direkt betroffen ist. Herr Filler
ist ein Lehrer, der noch recht jung ist, bei manchen beliebt, bei anderen eher
weniger. Er ist gerade dabei, seine Doktorarbeit zu schreiben, durch die er den
Blick für viele Dinge manchmal verliert.
Diese drei erzählen
abwechselnd davon, wie sie den Amoklauf erleben, sie berichten von ihren
Eindrücken und Gefühlen. Der Leser wird dadurch auch sehr persönlich
angesprochen und bekommt ein sehr gutes Gefühl dafür, wie die Dinge ihren Lauf
nehmen.
Und gelaufen ist eine Menge.
Wie ihr dem Klappentext entnehmen konntet, gibt es eine Person, die mit einigen
Aufgaben dafür sorgt, dass die Schüler und auch der Lehrer sich immer wieder
fragen, wo das Ganze eigentlich hinführen soll. Teilweise erscheinen die
Aufgaben sehr einfach, sehr machbar, teilweise sind sie mit höllischen
Schmerzen verbunden oder sogar mit noch Schlimmerem. Die letzte aller Aufgaben
sorgt schließlich jedoch dafür, dass alles, was man vorher dachte Nichts zu dem
ist, was real ist. Die Grenzen zu dem, was die Schüler für normal hielten,
die Grenzen zu dem, was ihr sicheres und geschütztes Leben zusammengehalten hat,
werden nicht nur erreicht, sondern sehr weit überschritten. Und am Ende wird
ausnahmslos jedes Leben verändert sein. Sofern es für alle noch ein Leben gibt.
Dieses Buch war eines der
Bücher, bei dem ich nach dem Lesen auf meinem Balkon saß, in die Wolken
geschaut habe und sehr lange überlegt habe, wie ich reagiert hätte, in welcher
Rolle ich mich in meiner Schulzeit gesehen habe. War ich Opfer, hätte ich auch
Täter sein können? Wäre ich einer der Schüler gewesen? Gebe ich dem Lehrer
Recht? Dem Direktor? Oder sollte ich einfach nur froh sein, diese Fragen nie
wirklich beantwortet haben zu müssen? Mittlerweile sind seit Zuschlagen der
letzten Seite über 24 Stunden vergangen. Eine Antwort habe ich nicht gefunden.
Die Schrift ist groß, die
Seiten klein und der Schreibstil ehrlich, offen und sehr gut verständlich. All
das sorgt dafür, dass man nur so durch dieses Buch fliegt.
Lea-Lina Oppermann hat ein
Debüt hingelegt, was mir noch lange im Kopf bleiben wird und was sehr gute
Chancen auf den Status JAHRESHIGHLIGHT hat.
Bleibt die Frage aller Fragen
… Wie viele Sterne?!
Das Interview auf dem Dach vom Buchhaus Wittwer in Stuttgart war mal wieder ein Highlight! |
Und meiner Antwort aller
Antworten fällt glatt aus. Sie ist schnörkellos, wie der Stil dieses Debüts.
Sie ist unüberlegt und aus dem Bauch heraus. Und sie lautet … fünf Komma null!
Schaut euch dieses Büchlein
unbedingt an, wenn ihr eine Geschichte lesen möchtet, die kritisch mit der
Gesellschaft ist, die euch zeigt, wie manchmal auch Lehrer über Schüler denken
(und umgekehrt), die ehrlich ist und die zeigt, dass nicht alles wahr ist, was
so scheint und die manchmal Dinge zum Vorschein bringt, mit denen man so nicht
gerechnet hat.
Und sobald ihr sie gelesen
habt … lasst mich wissen, wie ihr sie fandet. Und lasst es gern auch Lina
wissen. Wie ihr das tun könnt, erfahrt ihr bei INFOS & LINKS
Ihr denkt die Rezi ist zu
Ende?
Na ja … noch nicht ganz … Ich
möchte noch eine Kleinigkeit los werden.
Und zwar ein herzliches
DANKESCHÖN an das Buchhaus Wittwer. Für die tolle und exklusive Lesung, die
Möglichkeit Stuttgart von oben zu sehen und natürlich VIELEN DANK auch für ein
(mal wieder) sehr tolles Buch, was ihr dem Bücher- und Blubberstammtisch gratis
zur Verfügung gestellt habt. Ein Besuch in Stuttgart geht für mich nicht ohne
einen Besuch im Wittwer. Und beides lohnt sich doch immer wieder!
So. Nun ist die Rezi zu Ende
und ich wünsche euch noch eine tolle Lesezeit!!!
Infos & Links:
Hallo Martin,
AntwortenLöscheneine toller Beitrag und ich habe das Buch mittlerweile als Hörbuch gehört und kann deine Meinung nur unterschreiben. Ich habe ich mich nach dem Ende ebenfalls gefragt, wie hätte ich bei verschiedenen Situationen reagiert bzw. gehandelt. Ich weiß es ehrlich gesagt nicht. Auch mit einer Bewertung tue ich mich schwer, tendiere aber zu 4 N. G.
Wenn ich darf, würde ich deine Rezi gerne in meinem Lesemonat August mit einbinden. Wäre dies für dich ok?
Liebe Grüße,
Uwe
Hallo Uwe,
Löschendas freut mich, dass es dir auch gefallen hat und dass es auch ähnliche Fragen in dir ausgelöst hat. Das ist ein Buch, was sehr nachdenklich stimmen kann.
Natürlich darfst du gern die Rezi mit einbinden :) Das freut mich immer, wenn sie gut ankommt und auch auf anderen Blogs mit auftaucht.
Liebe Grüße
Martin